Mein zweiter Einsatz in Gambia, diesmal war ich gerüstet:
Ich bin extra etwas später im Jahr geflogen, habe Mineraltabletten und besonders leichte Kleidung mitgenommen, um die unglaubliche Hitze zu überstehen. Die erste Woche jedoch, konnte ich nur ertragen, indem ich mich nachts mit einem nassen Bettlaken zudeckte, was durch die Verdunstung etwas Kühlung brachte.
Aber die komfortable Unterbringung im Lodge „Mama Africa“ mit seinem paradiesischen Garten, den vielen Vögeln und Schattenplätzen haben die Eingewöhnung leicht gemacht.
Nach ausgiebiger und freudiger Begrüßung von Seiten unserer Studierenden, habe ich in der ersten Woche den schon in Deutschland vorbereiteten Unterricht gehalten und sie auf die bevorstehende Prüfung vorbereitet. Es ist doch etwas anderes, wenn man als Dozentin vor Ort ist und im direkten Kontakt unterrichten kann. Die meiste Zeit lernen unsere Studierenden nämlich in sogenannten „Self-Studies“, d.h. sie eignen sich den Lernstoff anhand von schriftlichen Unterlagen selbst an. Jetzt, wo ich vor Ort war, konnte ich viele Unklarheiten aus dem Weg räumen und den Lernstoff „live“ vermitteln. Während ich voller Elan die verschiedenen homöopathischen Arzneimittelbilder erkläre und darstelle, läuft mir der Schweiß in Strömen den Rücken und das Gesicht hinunter und den Studierenden stehen vom Zuhören die Schweißperlen im Gesicht!
In der zweiten Woche bin ich mit der Erstellung der Prüfung, dem Unterrichten und der Supervision der Studierenden während der Mobile Clinic beschäftigt. Mittlerweile, nach gut 1,5 Jahren Ausbildung, ist unsere Studentengruppe soweit, ihr erlerntes Wissen praktisch anzuwenden. Daher fahren sie 1-2x pro Woche mit zu den organisierten Mobile Clinics. In Gruppen, unter Anleitung und Supervision eines bereits ausgebildeten Homöopathen, dürfen sie Patienten sehen und Anamnesetechnik und Repertorisation üben. Über staubige Straßen, vorbei an grasenden Eseln und spielenden Kindern fahren wir bis zu einem entlegenen Dorf, wo bereits mehrere Patienten unter einem Vordach warten. Noch etwas schüchtern und unsicher stellen die Studenten ihre Fragen und versuchen anhand der gewonnenen Informationen eine Arzneimittelwahl zu treffen. Ich helfe dabei, die Anamnese zu erweitern, die Fragen in die richtige Richtung zu lenken und mache sie auf wichtige Details des jeweiligen Falles aufmerksam. So finden wir gemeinsam das passende Arzneimittel und arbeiten solange, bis alle Patienten behandelt wurden. Waren die Studenten auf der Hinfahrt noch lustig und gesprächig, so sind sie jetzt, auf der Rückfahrt, still und müde.
An einem der Wochenenden habe ich meine erste afrikanische Hochzeit erleben dürfen. Es war unglaublich, denn die Einladung kam von meinem Sitznachbarn im Flugzeug auf dem Weg von Brüssel nach Banjul! Es war die Hochzeit seines Sohnes Vincent. Nach Rücksprache mit unserer Projektpartnerin vor Ort, sagte ich zu, obwohl mir etwas mulmig war, da ich ja außer dem Bräutigamsvater niemanden kannte. Doch es war ein unvergessliches Ereignis.
Wie erwartet war ich die einzige weiße Person unter den 400 Gästen in der Kirche und wurde etwas befremdet beäugt. Von meinem Ehrenplatz, direkt neben der Bräutigamsmutter, konnte ich das Spektakel hautnah miterleben. Die Braut, ganz in weiß, mit meterlange Schleppe und gefolgt von 12 pfefferminz-und rosafarbenen Brautjungfern und Brautjünglingen, wurde von ihrem Vater herein geführt. Am Altar, mit rosa- und pfefferminzfarbenen Luftballons geschmückt, wartete der Bräutigam mit goldenen Schulterpolstern und Schuhspitzen. Lifemusik, Tanz und Trommeln, ein Gospelchor, viel Gesang, Gebet und die Sermone, von eigens aus den USA eingeflogenen Pastoren, haben für ordentlich Stimmung gesorgt. In meinem einfachen afrikanischen Kleid war ich natürlich hoffnungslos underdressed, neben den einheimischen Frauen mit wagenradgroßen Hüten, glitzernden, hautengen Kleidern, viel Schminke und falschen Wimpern! Zum Abschluss der Zeremonie hat das Brautpaar noch einen Tanz in der Kirche aufs Parkett gelegt und dann durften alle Gäste ihre Spenden an das Brautpaar in einen vorbereiteten Hut legen. Es war ein aufregender und bunter Nachmittag!
In der letzten Woche kam die Projektleiterin aus der Schweiz, sodass wir im Team arbeiten und unterrichten konnten, was uns immer sehr viel Spaß macht. Durch Rollenspiele und kleine Sketche haben wir den Unterricht aufgelockert und dafür gesorgt, dass der erlernte Stoff sich gut verankert.
Nun steuern wir auf das letzte Ausbildungsjahr dieses Jahrgangs zu und hoffen, dass, Ende dieses Jahres, möglichst alle unsere Studierenden die große Abschlussprüfung schaffen!